w     
i   
r

Wir sind opera­tion­der­kuenste. Wir ma­chen Mu­sik­thea­ter. Wir ar­bei­ten in­ter­dis­zi­pli­när. Wir ar­bei­ten kol­lek­tiv. Wir sind wie ein Opern­haus oh­ne Haus.

Dies ist un­ser Selbst­ver­ständ­nis. Es bil­det die Grund­la­ge für un­se­re ge­mein­sa­me Ar­beit. Wir for­mu­lie­ren in die­sem Text, wer wir sind, was wir ma­chen und auf wel­chen grund­le­gen­den Wer­ten un­se­re Ar­beit ba­siert. Das Selbst­ver­ständ­nis be­schreibt un­se­re Vi­si­on für un­se­re zu­künf­ti­ge ge­mein­sa­me Ar­beit. Es kann ver­än­dert, ak­tua­li­siert und er­wei­tert wer­den, wenn uns das nö­tig er­scheint. Es ist un­se­re Uto­pie und un­se­re Realität. 

Wir ver­tre­ten ge­mein­sa­me Wer­te.
Wir ste­hen ein für An­ti­ras­sis­mus, An­ti­a­bleis­mus, In­klu­si­vi­tät, Gleich­be­rech­ti­gung, Re­li­gi­ons­frei­heit, se­xu­el­le Selbst­be­stim­mung und in­ter­sek­tio­na­len quee­ren Fe­mi­nis­mus jen­seits der Ge­schlech­ter­bi­nä­ri­tät und He­te­ro­norm.
Uns ist be­wusst, dass Dis­kri­mi­nie­rungs­for­men zu­sam­men­wir­ken und sich ge­gen­sei­tig ver­stär­ken kön­nen. Wir dul­den kei­ne Form dis­kri­mi­nie­ren­den Ver­hal­tens. Wir se­hen uns in der Ver­ant­wor­tung, Dis­kri­mi­nie­run­gen nicht nur zu wi­der­spre­chen, son­dern ak­tiv ge­gen sie zu wir­ken. 
Wir stel­len uns ge­gen jeg­li­che an­ti­de­mo­kra­ti­sche Ten­den­zen und se­hen in der De­mo­kra­tie die ein­zi­ge Grund­la­ge für ein gleich­be­rech­tig­tes Le­ben. 

Wir ma­chen Mu­sik­thea­ter.
Wir sind über­zeugt, dass Kunst im­mer po­li­tisch ist – dass Mu­sik­thea­ter im­mer po­li­tisch ist.
Da­durch, dass wir uns vor al­lem mit Opern be­schäf­ti­gen, ste­hen wir in ei­nem Be­zug zu de­ren Werk‑, Besetzungs‑, Pro­ben- und In­sze­nie­rungs­tra­di­tio­nen und ‑kon­ven­tio­nen. Wir er­ken­nen an, dass der ‘klas­si­sche Mu­sik­be­trieb’ aus­schlie­ßend ist – weiß, klas­sis­tisch, se­xis­tisch, um nur ei­ni­ge der Aus­schluss­me­cha­nis­men zu nen­nen. Mit opera­tion­der­kuenste wol­len wir ei­nen Al­ter­na­tiv­vor­schlag ma­chen für ei­nen in­klu­si­ven Opern­be­trieb. Das be­deu­tet für uns ein Hin­ter­fra­gen und Auf­bre­chen des eta­blier­ten Ka­nons, un­se­rer Hör- und Seh­ge­wohn­hei­ten, In­sze­nie­rungs­nor­men, Be­set­zungs­lo­gi­ken, Ar­beits­wei­sen und Machtstrukturen. 

Wir ar­bei­ten in­ter­dis­zi­pli­när. 
Wir sind so et­was wie ein Opern­haus oh­ne Haus. Bei opera­tion­der­kuenste ar­bei­ten vie­le ver­schie­de­ne Men­schen zu­sam­men: Men­schen, die or­ga­ni­sie­ren, die Fi­nan­zen ver­wal­ten, die För­der­an­trä­ge schrei­ben, die Pro­ben­plä­ne er­ar­bei­ten, Men­schen, die Stü­cke kon­zi­pie­ren, Men­schen, die Kos­tü­me ma­chen, Men­schen, die Mu­sik ma­chen, die In­stru­men­te spie­len, di­ri­gie­ren, sin­gen, Men­schen, die tan­zen oder sich Cho­reo­gra­fien aus­den­ken, Men­schen, die gut mit Grup­pen ar­bei­ten kön­nen, die Büh­nen­bil­der ge­stal­ten und bau­en, die Ton auf­neh­men, Men­schen, die Vi­de­os und Fo­tos ma­chen, Men­schen, die Pla­ka­te und Pro­gramm­hef­te ge­stal­ten, die Öf­fent­lich­keits­ar­beit ma­chen, Men­schen, die gut mo­de­rie­ren kön­nen, die Auf­füh­rungs­or­te organisieren, …

Un­se­re Hin­ter­grün­de, Aus­bil­dun­gen und Er­fah­run­gen kön­nen da­bei sehr un­ter­schied­lich sein und wer­den nicht an­hand von aka­de­mi­schen Ab­schluss­gra­den gemessen.

Al­le kön­nen bei opera­tion­der­kuenste mit­wir­ken.
Uns ist be­wusst, dass es trotz die­ser Ein­la­dung vie­le Hür­den gibt, tat­säch­lich bei uns mit­zu­wir­ken. Wir sind ak­tu­ell ei­ne sehr wei­ße pri­vi­le­gier­te Grup­pe mit aka­de­mi­schem und nicht pre­kä­ren bzw. ab­ge­si­cher­ten Hin­ter­grund. Die­se pri­vi­le­gier­ten Per­spek­ti­ven be­mü­hen wir uns re­gel­mä­ßig zu re­flek­tie­ren. Es ist un­se­re Auf­ga­be und un­se­re Ver­ant­wor­tung, Hür­den der Be­tei­li­gung zu er­ken­nen und zu mi­ni­mie­ren und da­durch rea­le Zu­gän­ge zu er­mög­li­chen. Wir wün­schen uns ei­ne di­ver­se Grup­pe. Wir möch­ten nach­drück­lich da­zu er­mu­ti­gen, an­de­re Per­spek­ti­ven einzubringen.

Wir ar­bei­ten kollektiv.(1)
Ei­ne Grund­la­ge für un­se­re Zu­sam­men­ar­beit ist der Wunsch nach nicht-hier­ar­chi­schen Ar­beits­wei­sen. Ge­mein­sam wol­len wir her­aus­fin­den, auf wel­che Art und Wei­se kol­lek­ti­ves Ar­bei­ten für uns am bes­ten funk­tio­niert.
Ak­tu­ell ver­ste­hen wir dar­un­ter:
– Ge­mein­sa­me Or­ga­ni­sa­ti­on und ge­mein­sa­me Kon­zep­ti­on.
– Die prin­zi­pi­el­le Of­fen­heit für al­le, sich da ein­zu­brin­gen, wo sie möch­ten.
Per­so­nen oder Grup­pen über­neh­men Ver­ant­wor­tung für be­stimm­te Tä­tig­kei­ten oder Auf­ga­ben­be­rei­che.
– Ver­ant­wor­tungs­be­rei­che wer­den idea­ler­wei­se ge­teilt, da­mit we­nig Macht bei Ein­zel­per­so­nen liegt. 
– Ei­ne sehr en­ge Zu­sam­men­ar­beit zwi­schen den un­ter­schied­li­chen Auf­ga­ben­be­rei­chen.
– Viel Aus­tausch.
– Jeg­li­che Auf­ga­ben sind für uns gleich wich­tig und wer­den gleich wert­ge­schätzt.
– Wir ver­ste­hen al­le (auch vor­der­grün­dig or­ga­ni­sa­to­ri­schen) Auf­ga­ben und Pro­zes­se als künst­le­risch. 
– opera­tion­der­kuenste ba­siert auf ei­ner demokratischen(2) Ver­eins­struk­tur. 
– Un­ser wich­tigs­tes Tool für ge­mein­sa­me Ent­schei­dungs­fin­dun­gen ist das Sys­te­mi­sche Kon­sen­sie­ren.

Nicht-hier­ar­chi­sche Ar­beits­wei­sen sind un­ser Ziel. Wir den­ken je­doch, dass es in Grup­pen nicht mög­lich ist, kom­plett oh­ne Hier­ar­chien zu­sam­men­zu­kom­men. Um das be­wusst an­zu­er­ken­nen, schaf­fen wir ei­ne mög­lichst trans­pa­ren­te Struk­tur für un­se­re Zu­sam­men­ar­beit. Denn Struk­tur kann Ver­trau­en schaf­fen. 
Wir be­mü­hen uns, die Macht­ver­hält­nis­se in un­se­rer Grup­pe zu re­flek­tie­ren. Wir wol­len uns ge­mein­sam wei­ter­ent­wi­ckeln kön­nen. 
Die wich­tigs­te Vor­aus­set­zung für die ge­mein­sa­me Ar­beit, die wir von al­len Be­tei­lig­ten er­war­ten, ist des­halb Kri­tik­fä­hig­keit und Re­fle­xi­ons- und Lernbereitschaft.

Un­se­re Ar­beits­wei­se ver­ste­hen wir als politisch. 

Wir fin­den un­ter be­stimm­ten Grund­wer­ten als Grup­pe zu­sam­men. 
Zu­sätz­lich brin­gen al­le Be­tei­lig­ten in­di­vi­du­el­le Po­si­tio­nen und Er­fah­run­gen mit, die Ein­fluss auf un­se­re Zu­sam­men­ar­beit ha­ben. Zum Zu­sam­men­ar­bei­ten ge­hört es, aus­zu­hal­ten, dass in­ner­halb der Grup­pe di­ver­se Mei­nun­gen exis­tie­ren. Uns ist be­wusst, dass trotz der Prä­mis­se ge­mein­sa­mer Wer­te vie­le The­men, De­bat­ten, Kri­sen etc. kom­ple­xer sind, als dass es uns mög­lich wä­re, ei­ne ge­mein­sa­me, ein­heit­li­che Hal­tung als Grup­pe zu er­rin­gen – be­son­ders, da wir nicht pri­mär ak­ti­vis­tisch aus­ge­rich­tet sind. Statt­des­sen wid­men wir uns künst­le­ri­scher Ar­beit zu aus­ge­wähl­ten The­men, in der wir die plu­ra­lis­ti­schen Mei­nun­gen un­se­rer Grup­pe im Rah­men un­se­rer Pro­jek­te ver­han­deln. Über sei­ne Not­wen­dig­keit für de­mo­kra­ti­sche, gleich­be­rech­tig­te Ko­exis­tenz hin­aus­ge­hend, wol­len wir die Schön­heit des Plu­ra­lis­mus ins Zen­trum rü­cken und ze­le­brie­ren. 

Wir ver­kör­pern un­se­re Wer­te in un­se­ren Pro­jek­ten. 
Wir ma­chen ganz un­ter­schied­li­che Pro­jek­te. Manch­mal sind mehr Men­schen be­tei­ligt, manch­mal we­ni­ger. Oft füh­ren wir Opern auf, manch­mal ma­chen wir auch et­was ganz An­de­res. Wir spie­len ver­schie­dens­te Mu­sik. Wir nut­zen ver­schie­dens­te künst­le­ri­sche Aus­drucks­mit­tel, meis­tens ei­ne Kom­bi­na­ti­on von Akus­ti­schem und Vi­su­el­lem. Wir wol­len Raum für pro­zess­ori­en­tier­te Ar­beits­wei­sen schaf­fen. Vie­le Pro­jek­te ori­en­tie­ren sich am Ziel ei­ner Auf­füh­rung. Man­che Pro­jek­te ha­ben ei­nen päd­ago­gi­schen Fo­kus. An­de­re set­zen sich mit kon­kre­ten po­li­ti­schen The­men aus­ein­an­der. Die Zie­le un­se­rer Pro­jek­te kön­nen al­so viel­schich­tig sein. 

Im­mer gilt: Wir be­geg­nen al­len Vor­schlä­gen und Ein­flüs­sen mit ei­ner grund­sätz­li­chen Of­fen­heit. Wir ma­len ge­mein­sam Luft­schlös­ser. Je­de – auch noch so ab­sur­de, gro­ße oder klei­ne – Idee ist will­kom­men. Wir ar­bei­ten ge­gen die Starr­heit von Kon­ven­tio­nen und er­freu­en uns dar­an, dass un­se­re äs­the­ti­schen Vor­stel­lun­gen und un­ser mu­si­ka­li­sches Ver­ständ­nis un­ter­schied­lich sein kön­nen. Der Code of Con­duct als ein Ka­ta­log von Mög­lich­kei­ten dient uns als Ori­en­tie­rung für die Kon­kre­ti­sie­rung von Pro­jek­ten. Er kann stets an­ge­passt und er­wei­tert werden. 

Un­ser Da­sein in glo­ba­len Zu­sam­men­hän­gen
Wir tra­gen ei­ne his­to­ri­sche Ver­ant­wor­tung in Be­zug auf die men­schen­ge­mach­te Kli­ma­ka­ta­stro­phe und die ge­sell­schaft­li­chen und welt­po­li­ti­schen Zu­sam­men­hän­ge von Ka­pi­ta­lis­mus und Pa­tri­ar­chat. 
Die­se ver­su­chen wir best­mög­lich in un­se­rer Ar­beits­wei­se und un­se­ren Pro­jek­ten zu ver­an­kern. Ka­pi­ta­lis­ti­sche und pa­tri­ar­cha­le Zwän­ge wir­ken sich auch auf un­se­ren (Arbeits-)Alltag aus, da sie Le­bens­rea­li­tä­ten schaf­fen, von de­nen wir – als Grup­pe und als In­di­vi­du­en – nicht frei sind. 

Wenn wir da­von spre­chen, dass Nach­hal­tig­keit ei­nen gro­ßen Stel­len­wert für uns hat, mei­nen wir da­mit nicht nur un­se­re öko­lo­gi­sche Ver­ant­wor­tung. Wir be­mü­hen uns auch um so­zia­le und öko­no­mi­sche Nach­hal­tig­keit. 
Um nach­hal­tig mit uns selbst und mit­ein­an­der um­ge­hen zu kön­nen, möch­ten wir ei­ne lang­fris­tig funk­tio­nie­ren­de und ge­sun­de Struk­tur schaf­fen. Da­bei geht es dar­um, im­mer wie­der dar­auf zu schau­en, wie wir mit un­se­ren in­di­vi­du­el­len Ka­pa­zi­tä­ten und un­se­rer Kraft um­ge­hen. Wenn wir zu lan­ge an Be­las­tungs­gren­zen ar­bei­ten, wer­den wir ir­gend­wann nicht mehr kön­nen. Un­ser Zu­sam­men­sein soll uns Kraft ge­ben und sie nicht rau­ben.
Wir ar­bei­ten ge­mein­sam dar­an, ei­ne an­ge­mes­se­ne Ver­gü­tung für un­se­re Ar­beit an­bie­ten zu kön­nen, da­mit es kein Lu­xus ist, sich die Zeit zu neh­men, bei uns und et­wa­igen län­ge­ren Pro­jekt­pha­sen da­bei zu sein. Die­ses Ziel zu er­rei­chen, in­ner­halb der pre­kä­ren Si­tua­ti­on der För­der­land­schaft der ‘frei­en Sze­ne’, ist ei­ne gro­ße Herausforderung. 

Wir sind opera­tion­der­kuenste. Wir ma­chen Mu­sik­thea­ter. Wir ar­bei­ten in­ter­dis­zi­pli­när. Wir ar­bei­ten kol­lek­tiv. Wir sind wie ein Opern­haus oh­ne Haus. 

Wir ent­wi­ckeln Ideen für kol­lek­ti­ve Ar­beits­wei­sen im Be­reich Mu­sik­thea­ter und zeit­ge­mä­ße Her­an­ge­hens­wei­sen an Stück­aus­wahl, Be­set­zung und In­sze­nie­rung. 
Uns ist be­wusst, dass wir auf un­se­rem Weg nicht an den Punkt kom­men wer­den, an dem wir die For­mel ent­deckt oder aus­ge­ar­bei­tet ha­ben wer­den, wie der op­ti­ma­le Er­ar­bei­tungs­pro­zess aus­sieht. Des­halb ver­ste­hen wir un­se­re Pro­jek­te auch als fort­wäh­ren­den For­schungs­pro­zess zum künst­le­ri­schen Agie­ren, in dem wir un­ter­schied­li­che An­sät­ze kol­lek­ti­ver Ar­beits­wei­sen aus­pro­bie­ren und im­mer wei­ter­ent­wi­ckeln. 
Wir be­zwei­feln die Exis­tenz voll­stän­di­ger In­klu­si­vi­tät, Awa­re­ness und Zu­gangs. Es ist den­noch un­ser un­be­ding­tes Ziel, so in­klu­siv, gleich­be­rech­tigt und barrierefrei wie mög­lich zu sein. Wir se­hen uns da­zu in der stän­di­gen Ver­ant­wor­tung, uns selbst zu hin­ter­fra­gen und wei­ter­zu­bil­den. 
Na­tür­lich sind wir mit un­se­ren Ideen nicht die ers­ten und nicht al­lein. Wir ver­ste­hen uns als Teil ei­nes Netz­wer­kes, das wir ste­tig wei­ter knüp­fen und span­nen wollen. 

Wir sind operationderkuenste. 

 

(1) Wir spre­chen be­wusst von ei­ner “kol­lek­ti­ven” Ar­beits­wei­se und nicht von opera­tion­der­kuenste als ”Kol­lek­tiv”. Un­ter “Kol­lek­tiv” ver­ste­hen wir näm­lich ei­ne eher klei­ne, in ih­rer Kon­stel­la­ti­on re­la­tiv kon­stan­te Grup­pe, die über ei­ne län­ge­re Zeit sehr eng zu­sam­men­ar­bei­tet und noch dar­über hin­aus – nicht nur in ih­rer ge­mein­sa­men Ar­beit, son­dern auch z.B. öko­no­misch – von­ein­an­der ab­hän­gig ist. Das trifft bei opera­tion­der­kuenste in un­se­rer der­zei­ti­gen Struk­tur nicht zu. 

(2) Un­ter “de­mo­kra­tisch” ver­ste­hen wir ein “Prin­zip der frei­en und gleich­be­rech­tig­ten Wil­lens­bil­dung und Mit­be­stim­mung in ge­sell­schaft­li­chen Grup­pen”. 
(“De­mo­kra­tie” auf Du­den on­line. URL: https://www.duden.de/rechtschreibung/Demokratie, Ab­ruf­da­tum: 9.10.2024)