zauber   
flöte  
2019

die zauberflöte – ein opern­pro­jekt, von stu­die­ren­den or­ga­ni­siert, in­sze­niert, aufgeführt

Mit der Un­ter­stüt­zung der UdK Berlin und der HfMDK Frankfurt, so­wie der Aus­zeich­nung durch „kul­tur­Mut“ – der Crowd­fun­ding-Platt­form von Aven­tis Foun­da­ti­on und Kul­tur­fonds Frankfurt Rhein­Main – konn­te ei­ne fah­ren­de Opern­pro­duk­ti­on mit Vor­stel­lun­gen in Berlin und Frankfurt am Main rea­li­siert wer­den. Hier­für ha­ben sich Stu­die­ren­de aus mehr als zehn Mu­sik­hoch­schu­len zu­sam­men­ge­fun­den, um in ei­ner zwei­wö­chi­gen Pro­ben­pha­se zu dem En­sem­ble „opera­tion­der­kuenste“ zu­sam­men­zu­wach­sen. Das Pro­jekt ist ein Ver­such, sich den Her­aus­for­de­run­gen des mo­der­nen Mu­sik­thea­ter­be­triebs zu stel­len. Wo­durch ge­lingt ei­ne Iden­ti­fi­ka­ti­on des Or­ches­ters mit der In­sze­nie­rung? Wie las­sen sich pro­ble­ma­ti­sche In­hal­te ei­ner Oper, wie Se­xis­mus und Ras­sis­mus, kri­tisch auf die Büh­ne brin­gen? Wie kann mehr gleich­wer­ti­ges Mit­spra­che- und Mit­ge­stal­tungs­recht al­ler Teil­neh­men­den im Ent­wick­lungs- und Ein­stu­die­rungs­pro­zess um­ge­setzt wer­den? Das Or­ches­ter wur­de gleich­be­rech­tigt auf der Büh­ne in die In­sze­nie­rung in­te­griert, zeit­ge­rech­te Kom­men­ta­re wur­den er­gänzt, über In­hal­te und Um­set­zung wur­de ge­mein­schaft­lich dis­ku­tiert. Auch die kur­ze Pha­se der Ein­stu­die­rung und die Her­aus­for­de­rung ei­nen Kon­zert­saal oh­ne Büh­nen­bild sze­nisch zu be­spie­len lie­ßen uns krea­tiv werden.

Die Be­set­zung fin­det ihr hier.


was pas­siert, wenn zwei au­gen auf­ein­an­der­tref­fen? ein kon­takt, ei­ne be­geg­nung, viel­leicht ei­ne ver­än­de­rung? wie lö­se ich ef­fekt­ha­sche­ri­sche pro­ble­me die­ser mo­nu­men­ta­len oper oh­ne gro­ße bühnenzaubereien?

Wir ver­su­chen, auf ei­ne an­de­re Art und Wei­se zu zau­bern.
Was ist die Schlan­ge, vor der Ta­mi­no flüch­tet?
Kann ein Mensch sich in ein Bild ver­lie­ben?
Ist Sa­ras­tro das Gu­te, die „Stern­flam­men­de Kö­ni­gin“ das per­so­ni­fi­zier­te Bö­se?
Was sind die Prü­fun­gen?
Ist “der sü­ßen Trie­be mit­zu­füh­len dann der Wei­ber ers­te Pflicht”?
Si­cher nicht.
Wir er­zäh­len vie­le Ge­schich­ten von Men­schen, die in ver­schie­de­nen Ge­müts­zu­stän­den auf­ein­an­der­tref­fen. Nein, hier wird kei­ne Schlan­ge um­ge­bracht, kei­ne Tie­re tan­zen zur Zauberflöte und nie­mand ver­sinkt im Bo­den, wie es in den Re­gie­an­wei­sun­gen steht. Auch ist das Or­ches­ter in kei­nem Gra­ben. Nicht, weil es kei­nen gibt, son­dern weil es Teil der In­sze­nie­rung wird und so die Welt kre­iert, in der wir uns be­we­gen.
Un­ser Pro­jekt ist Uto­pie und Wahn­sinn zu­gleich:
Die Zauberflöte – ei­ne Oper mit wel­li­gem dra­ma­tur­gi­schen Bo­gen – für je­den Sän­ge­rin, das Or­ches­ter und den Di­ri­gen­ten ei­ne rie­si­ge Her­aus­for­de­rung.
Und das in zwei Wo­chen…
Doch die Er­ar­bei­tung und Zu­sam­men­ar­beit mit ei­nem En­sem­ble, das sich von je­der gut be­grün­de­ten Idee über­zeu­gen lässt, selbst Ideen lie­fert und sich für kei­ne Dis­kus­si­on zu scha­de ist – das ist ein Ge­schenk!
Wir ver­su­chen den Au­gen­bli­cken der Be­geg­nun­gen Dau­er zu ver­lei­hen, oh­ne uns ge­gen­sei­tig zu über­prü­fen und ein­an­der acht­sam zuzuhören.

Mai­ke Schus­ter, Regie

stim­men aus dem ensemble

Man neh­me: jun­ge, am­bi­tio­nier­te und mu­ti­ge Künst­ler mit ei­ner groß­ar­ti­gen Idee. Da­zu ei­ni­ge ih­rer Freun­de, Be­kann­ten oder Be­kann­ten ih­rer Be­kann­ten. Am En­de sit­zen al­le in ei­nem gro­ßen Kreis zu­sam­men. Ei­ni­ge ken­nen sich, an­de­re se­hen sich das ers­te Mal. Aber al­le wis­sen: In zwei Wo­chen wer­den wir zu­sam­men Mo­zarts „Zauberflöte“ aufführen.

Ich wer­de das Ge­fühl in die­sem Kreis zu sit­zen nicht ver­ges­sen – ei­ne Mi­schung aus Vor­freu­de, selt­sa­mer Ver­traut­heit und der Fra­ge, ob das al­les wirk­lich gut ge­hen kann. Es kann! In so we­ni­gen Ta­gen ist aus uns ein ein­ge­spiel­tes Team ge­wor­den, in­dem ei­ner dem an­de­ren hilft. In dem sich nie­mand „be­wei­sen“ muss. Kla­re Struk­tu­ren aber kei­ne Hier­ar­chien. Wenn ent­schei­den, dann ge­mein­schaft­lich. Bei all den klei­nen oder gro­ßen Kri­sen, die so ein Pro­jekt mit sich bringt, ha­ben wir uns im­mer wie­der ge­gen­sei­tig auf­ge­fan­gen – da teil­te man plötz­lich nicht nur Freu­de und Ängs­te, son­dern auch den ge­sam­ten In­halt der Reiseapotheke! 

Am En­de ha­ben wir al­le zu­sam­men et­was Groß­ar­ti­ges ge­schaf­fen – viel­leicht nicht ma­kel­los per­fekt aber da­für echt und mit un­glaub­lich viel Herz!

Ich ha­be von und mit euch al­len so vie­les ge­lernt. Dan­ke, für die­se wun­der­vol­le Er­fah­rung, die mir ge­zeigt hat, was al­les mög­lich ist, wenn man zu­sam­men an et­was glaubt!

Ma­xi So­phie Mä­der, Sopran

Die­se Zeit wird uns für im­mer un­ver­gess­lich bleiben. 

opera­tion­der­kuenste war ur­sprüng­lich ei­ne Art Knei­pen-Idee von ein paar Freun­den nach dem Mot­to „lass uns mal ne Oper machen“.

Zu welch ei­nem Meis­ter­werk sich das Pro­jekt letz­ten En­des ent­wi­ckelt hat, das hät­te wohl nie­mand vor­her zu träu­men gewagt!

Und mit Meis­ter­werk mei­ne ich nicht das künst­le­ri­sche Ge­samt­ergeb­nis am En­de, ich mei­ne viel­mehr das Schaf­fen von Frei­räu­men für krea­ti­ve und hoch­pro­fes­sio­nel­le Zu­sam­men­ar­beit oh­ne hier­ar­chi­sche Ord­nung, voll­kom­me­ne Ideen­frei­heit und ein ge­mein­schaft­li­cher Schaf­fens­wil­le, wel­cher nur noch durch die tat­säch­li­che Um­set­zung und das dann tat­säch­lich freie künst­le­ri­sche Aus­le­ben und Er­le­ben in den Auf­füh­run­gen über­trof­fen wer­den konnte. 

Mit opera­tion­der­kuenste, ist nicht nur die Grün­dung ei­nes Pro­jek­tes ge­lun­gen, wel­ches in der ge­sam­ten heu­ti­gen Opern­land­schaft als künst­le­ri­sche Neu­heit her­vor­sticht und auch als sol­che im­mer ge­braucht wird, mit opera­tion­der­kuenste ist viel­mehr auch ein Pro­jekt ent­stan­den, wel­ches die per­sön­li­chen Auf­ga­ben und Be­stim­mun­gen von Sänger*innen, Musiker*innen und sämt­li­chen Be­tei­lig­ten ei­ner Pro­duk­ti­on neu denkt, und das Prin­zip von künst­le­ri­scher Par­ti­zi­pa­ti­on voll­kom­men neu und über­ge­ord­ne­ter definiert. 

Ich den­ke man kann sa­gen, dass wir al­le un­se­re per­sön­li­chen Auf­ga­ben und Rol­len in die­ser Opern­pro­duk­ti­on in­ten­si­ver und mo­ti­vier­ter denn je in un­se­ren künst­le­ri­schen Lauf­bah­nen aus­ge­führt ha­ben, da wir von vor­ne bis hin­ten und in je­dem Be­reich der Pro­duk­ti­on den­kend, schaf­fend, hin­ter­fra­gend, for­dernd und durch auf­rei­ben­de Pra­xis in­vol­viert wa­ren. Jede*r hat mit­ent­schie­den, mit er­schaf­fen und mit da­für ge­stan­den. Es war ein Pro­zess, wel­cher sich sel­ber bis ins Un­end­li­che be­flü­gelt hat. Und ganz ne­ben­bei sind so Freund­schaf­ten für’s Le­ben entstanden. 

Es war ei­ne gei­le Zeit. Ich kann nur sa­gen: Danke!

Und bit­te mehr davon.

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