die zauberflöte – ein opernprojekt, von studierenden organisiert, inszeniert, aufgeführt
Mit der Unterstützung der UdK Berlin und der HfMDK Frankfurt, sowie der Auszeichnung durch „kulturMut“ – der Crowdfunding-Plattform von Aventis Foundation und Kulturfonds Frankfurt RheinMain – konnte eine fahrende Opernproduktion mit Vorstellungen in Berlin und Frankfurt am Main realisiert werden. Hierfür haben sich Studierende aus mehr als zehn Musikhochschulen zusammengefunden, um in einer zweiwöchigen Probenphase zu dem Ensemble „operationderkuenste“ zusammenzuwachsen. Das Projekt ist ein Versuch, sich den Herausforderungen des modernen Musiktheaterbetriebs zu stellen. Wodurch gelingt eine Identifikation des Orchesters mit der Inszenierung? Wie lassen sich problematische Inhalte einer Oper, wie Sexismus und Rassismus, kritisch auf die Bühne bringen? Wie kann mehr gleichwertiges Mitsprache- und Mitgestaltungsrecht aller Teilnehmenden im Entwicklungs- und Einstudierungsprozess umgesetzt werden? Das Orchester wurde gleichberechtigt auf der Bühne in die Inszenierung integriert, zeitgerechte Kommentare wurden ergänzt, über Inhalte und Umsetzung wurde gemeinschaftlich diskutiert. Auch die kurze Phase der Einstudierung und die Herausforderung einen Konzertsaal ohne Bühnenbild szenisch zu bespielen ließen uns kreativ werden.
Die Besetzung findet ihr hier.
was passiert, wenn zwei augen aufeinandertreffen? ein kontakt, eine begegnung, vielleicht eine veränderung? wie löse ich effekthascherische probleme dieser monumentalen oper ohne große bühnenzaubereien?
Wir versuchen, auf eine andere Art und Weise zu zaubern.
Was ist die Schlange, vor der Tamino flüchtet?
Kann ein Mensch sich in ein Bild verlieben?
Ist Sarastro das Gute, die „Sternflammende Königin“ das personifizierte Böse?
Was sind die Prüfungen?
Ist “der süßen Triebe mitzufühlen dann der Weiber erste Pflicht”?
Sicher nicht.
Wir erzählen viele Geschichten von Menschen, die in verschiedenen Gemütszuständen aufeinandertreffen. Nein, hier wird keine Schlange umgebracht, keine Tiere tanzen zur Zauberflöte und niemand versinkt im Boden, wie es in den Regieanweisungen steht. Auch ist das Orchester in keinem Graben. Nicht, weil es keinen gibt, sondern weil es Teil der Inszenierung wird und so die Welt kreiert, in der wir uns bewegen.
Unser Projekt ist Utopie und Wahnsinn zugleich:
Die Zauberflöte – eine Oper mit welligem dramaturgischen Bogen – für jeden Sängerin, das Orchester und den Dirigenten eine riesige Herausforderung.
Und das in zwei Wochen…
Doch die Erarbeitung und Zusammenarbeit mit einem Ensemble, das sich von jeder gut begründeten Idee überzeugen lässt, selbst Ideen liefert und sich für keine Diskussion zu schade ist – das ist ein Geschenk!
Wir versuchen den Augenblicken der Begegnungen Dauer zu verleihen, ohne uns gegenseitig zu überprüfen und einander achtsam zuzuhören.
Maike Schuster, Regie
stimmen aus dem ensemble
Man nehme: junge, ambitionierte und mutige Künstler mit einer großartigen Idee. Dazu einige ihrer Freunde, Bekannten oder Bekannten ihrer Bekannten. Am Ende sitzen alle in einem großen Kreis zusammen. Einige kennen sich, andere sehen sich das erste Mal. Aber alle wissen: In zwei Wochen werden wir zusammen Mozarts „Zauberflöte“ aufführen.
Ich werde das Gefühl in diesem Kreis zu sitzen nicht vergessen – eine Mischung aus Vorfreude, seltsamer Vertrautheit und der Frage, ob das alles wirklich gut gehen kann. Es kann! In so wenigen Tagen ist aus uns ein eingespieltes Team geworden, indem einer dem anderen hilft. In dem sich niemand „beweisen“ muss. Klare Strukturen aber keine Hierarchien. Wenn entscheiden, dann gemeinschaftlich. Bei all den kleinen oder großen Krisen, die so ein Projekt mit sich bringt, haben wir uns immer wieder gegenseitig aufgefangen – da teilte man plötzlich nicht nur Freude und Ängste, sondern auch den gesamten Inhalt der Reiseapotheke!
Am Ende haben wir alle zusammen etwas Großartiges geschaffen – vielleicht nicht makellos perfekt aber dafür echt und mit unglaublich viel Herz!
Ich habe von und mit euch allen so vieles gelernt. Danke, für diese wundervolle Erfahrung, die mir gezeigt hat, was alles möglich ist, wenn man zusammen an etwas glaubt!
Maxi Sophie Mäder, Sopran
Diese Zeit wird uns für immer unvergesslich bleiben.
operationderkuenste war ursprünglich eine Art Kneipen-Idee von ein paar Freunden nach dem Motto „lass uns mal ne Oper machen“.
Zu welch einem Meisterwerk sich das Projekt letzten Endes entwickelt hat, das hätte wohl niemand vorher zu träumen gewagt!
Und mit Meisterwerk meine ich nicht das künstlerische Gesamtergebnis am Ende, ich meine vielmehr das Schaffen von Freiräumen für kreative und hochprofessionelle Zusammenarbeit ohne hierarchische Ordnung, vollkommene Ideenfreiheit und ein gemeinschaftlicher Schaffenswille, welcher nur noch durch die tatsächliche Umsetzung und das dann tatsächlich freie künstlerische Ausleben und Erleben in den Aufführungen übertroffen werden konnte.
Mit operationderkuenste, ist nicht nur die Gründung eines Projektes gelungen, welches in der gesamten heutigen Opernlandschaft als künstlerische Neuheit hervorsticht und auch als solche immer gebraucht wird, mit operationderkuenste ist vielmehr auch ein Projekt entstanden, welches die persönlichen Aufgaben und Bestimmungen von Sänger*innen, Musiker*innen und sämtlichen Beteiligten einer Produktion neu denkt, und das Prinzip von künstlerischer Partizipation vollkommen neu und übergeordneter definiert.
Ich denke man kann sagen, dass wir alle unsere persönlichen Aufgaben und Rollen in dieser Opernproduktion intensiver und motivierter denn je in unseren künstlerischen Laufbahnen ausgeführt haben, da wir von vorne bis hinten und in jedem Bereich der Produktion denkend, schaffend, hinterfragend, fordernd und durch aufreibende Praxis involviert waren. Jede*r hat mitentschieden, mit erschaffen und mit dafür gestanden. Es war ein Prozess, welcher sich selber bis ins Unendliche beflügelt hat. Und ganz nebenbei sind so Freundschaften für’s Leben entstanden.
Es war eine geile Zeit. Ich kann nur sagen: Danke!
Und bitte mehr davon.
Pay Bandik Nonn, Kontrabass